Verdacht auf oder Nachweis von SARS-CoV-2 Infektionen bei Dialysepatienten (Stand 07.04.2020)

: Kommission für Infektionsprävention und Hygiene der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie (DGfN)

Zur Situation:

  • Mit zunehmender Anzahl Betroffener in Deutschland, darunter auch chronisch Nierenkranke, erweist sich zur Vermeidung einer Überlastung von Strukturen des Gesundheitssystems die Weiterentwicklung der Empfehlungen als notwendig.
  • Chronisch Nierenkranke, insbesondere Nierentransplantierte und Dialysepatienten, sind ein Hochrisikokollektiv für Infektionserkrankungen. Ihr Immundefekt sowie die häufig bestehende erhebliche Komorbidität steigern das Risiko für schwere Verläufe aller Infektionen sowie die Gefahr, daran bzw. an sekundären Komplikationen zu versterben.

Die Kommission für Infektionsprävention und Hygiene der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie empfiehlt folgende Maßnahmen für Dialysezentren. Hinweis: Die Empfehlungen können sich jederzeit in Abhängigkeit der epidemiologischen Situation und der Vorgaben der Gesundheitsbehörden ändern!

I Grundsätzliches

  1. Jede Dialyseeinrichtung sollte eine/n Mitarbeiter/in benennen, der/die für die Beschäftigung mit SARS-CoV-2 zuständig sind. Diese Person sollte sich fortlaufend über die aktuelle Entwicklung informieren (z.B. auf der Website des Robert-Koch-Instituts (RKI)[1]) und ggf. einrichtungsintern informieren und Maßnahmen unterstützen.
  2. Ein „begründeter Verdachtsfall“ einer SARS-CoV-2 Infektion besteht, wenn die aktuelle Falldefinition des RKI[2] erfüllt ist. Danach gehört neben der Symptomatik (Fieber, Allgemeinsymptome, respiratorische Infektion) bzw. klinischer oder radiologischer Hinweise auf eine virale Pneumonie auch der direkte Kontakt zu einer bestätigt infizierten Person oder der Zusammenhang mit einer Häufung von Pneumonien in Pflegeeinrichtung oder Krankenhaus zur Definition des Verdachtsfalls.
  3. Patienten einer Dialyseeinrichtung sind in geeigneter Weise über Vorsichtsmaßnahmen (Händehygiene, hygienisches Husten/Niesen) bei Symptomen von respiratorischen Erkrankungen zu instruieren. Dies kann über Aushänge, Handzettel etc. erfolgen.
  4. Patienten sollen angehalten werden, sich bei Fieber und/oder akuter respiratorischer Erkrankung telefonisch mit dem Dialysezentrum in Verbindung zu setzen und dieses nur nach Aufforderung und Instruktion zu betreten.
  5. Ambulante Dialyseeinrichtungen sollen vorab entscheiden, ob sie in der Lage sind, SARS-CoV-2 infizierte Patienten zu behandeln (Vorhandensein Räumlichkeiten, persönliche Schutzausrüstung für Mitarbeiter). Sofern sie sich hierzu nicht in der Lage sehen, sollen sie Absprachen mit anderen ambulanten oder stationären Dialyseanbietern treffen, um diese Patienten überweisen zu können. Ggf. sind regionale Vereinbarungen (z.B. Kohortierung Infizierter in einer regionalen Einrichtung im Tausch gegen nicht betroffene Patienten) zu treffen. Das Vorhalten eines Einzelzimmers für unangemeldete SARS-CoV-2-Fälle, in dem Schutzausrüstung, Desinfektionsmittel und Abstrichutensilien vorgehalten werden, ist sinnvoll. Zu den Vorbereitungen gehören auch Absprachen mit regionalen Transportunternehmen/Rettungsdiensten über die Vorgehensweise.
  6. Zur allgemein erforderlichen Vermeidung persönlicher Kontakte gehört der generelle Verzicht auf Sammeltransporte für Dialysepatienten während der COVID-Pandemie.
  7. Derzeit gibt es keine wissenschaftlichen Belege, die eine Umstellung der Dauermedikation von chronisch Nierenkranken (z.B. Blutdruckmedikamente) rechtfertigen.
  8. Zum Einsatz von medizinischem Personal, das ungeschützten Kontakt mit COVID-Erkrankten hatte oder selbst infiziert ist, hat das RKI eine detaillierte Empfehlung[3] veröffentlicht, die auch die Situation eines akuten Personalmangels berücksichtigt.
  9. Mit COVID19 Infizierte können bereits mehrere Tage vor Beginn der Symptomatik andere Personen anstecken. Daher sollten auch in Zentren, die (noch) keine COVID-infizierten betreuen, vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden (s. Anhang).

II Vorgehen in ambulanten Dialyseeinrichtungen

  1. Ergibt sich bei telefonischer Voranmeldung der „begründete Verdacht“ (RKI-Definition) einer SARS-CoV-2-Infektion, sind dem Patienten entsprechend der vorherigen Festlegung Anweisungen zu geben, wann, wo und mit welchem Transportmittel er sich zur Dialyse vorstellen soll. Hierbei ist abzuwägen, ob eine ambulante Behandlung aufgrund des Beschwerdebildes wahrscheinlich möglich sein wird.
  2. Stationäre Einweisungen bedürfen dringend einer vorherigen Absprache mit dem jeweiligen Krankenhaus. Ungezielte Einweisungen in Notaufnahmen müssen vermieden werden.
  3. Wird ein Patient, bei dem die Falldefinition des SARS-CoV-2-Verdachts zutrifft, im Dialysezentrum vorstellig, so ist er umgehend in einem Einzelzimmer getrennt von anderen Patienten unterzubringen (Kohortenisolation ist möglich). Sofern es der Gesundheitszustand erlaubt, soll er mit einem Mund-Nasen-Schutz versorgt werden. Das Personal hat persönliche Schutzausrüstung (Kittel, Handschuhe, Schutzbrille, FFP2-Maske) anzulegen (s. Hinweise RKI[4] ). Stehen FFP2 Masken nicht zur Verfügung, kommt ein Schutz mittels Gesichtsvisier+Mund-Nase-Schutz in Betracht. Die Diagnosestellung erfolgt durch tiefen Rachenabstrich. Weitere Maßnahmen sind umgehend mit dem zuständigen Gesundheitsamt abzustimmen. Wird der Patient im ambulanten Zentrum dialysiert, soll das Personal nicht gleichzeitig für die Betreuung anderer Patienten zuständig sein.
  4. Zusätzlich nötige Hygienemaßnahmen umfassen u.a. die patientenindividuelle Zuordnung von Medizinprodukten und die fachgerechte Flächendesinfektion sowie Oberflächendesinfektion der Dialysemaschinen nach Behandlungsende. Alle Medizinprodukte incl. Dialysemaschinen können erst nach fachgerechter Desinfektion wieder bei anderen Patienten eingesetzt werden. Derzeit gelten die gängigen Desinfektionsmittel als ausreichend.

III Vorgehen in stationären Dialyseeinrichtungen

  1. Müssen bei stationären SARS-CoV-2-infizierten Patienten Dialysebehandlungen durchgeführt werden, so sollen Transporte nach außerhalb des Krankenhauses vermieden werden. Kann das Krankenhaus die Dialyse nicht in eigenen Räumlichkeiten durchführen (lassen), ist eine Verlegung in ein anderes Krankenhaus zu erwägen.
  2. Zur Dialyse im Krankenhaus ist Einzelzimmerisolierung erforderlich (Kohortierung möglich). Laut RKI ist die Nutzung eines Isolierzimmers mit Schleuse/Vorraum grundsätzlich zu bevorzugen. Das Dialysepersonal hat geeignete persönliche Schutzausrüstung zu verwenden, die Regeln der Händehygiene sind strikt zu beachten. Das Personal soll nicht gleichzeitig für die Betreuung anderer Patienten zuständig sein.
  3. Die Desinfektion von Dialysemaschinen nach erfolgter Dialyse kann mit handelsüblichen begrenzt viruziden Mitteln erfolgen.
  4. Die Hygienemaßnahmen im Krankenhaus liegen in der Verantwortung der dortigen Hygienekommission.

Weitere, aktuelle Informationen sind stets über die Internetseite des Robert-Koch-Instituts oder das jeweils zuständige Gesundheitsamt zu erhalten.

Anhang:
Allgemeine Maßnahmen zur Vorbeugung einer SARS-CoV-2 Übertragung (nicht alle Maßnahmen können in jedem Zentrum umgesetzt werden)

Auf Seiten der Patienten:

  • Instruktion der Patienten, zu anderen Menschen Abstand (>1,5m) zu halten, auf Händeschütteln zu verzichten,
  • beim Betreten des Dialysezentrums Fiebermessen, Befragen auf Symptome,
  • Verwenden von Mund-Nase-Schutz bei Durchqueren der Einrichtung, wenn vertretbar auch während der Behandlung,
  • Wenn möglich Bettenabstand 2m,
  • Gründliche Desinfektion aller patientennahen Oberflächen nach jeder Schicht,
  • Entzerrung der Schichten (keine Begegnung von Patienten zweier Schichten zwischen den Behandlungen),
  • Keine gemeinsamen Mahlzeiten im Zentrum, wenn nicht beim Essen Mindestabstand von 2m einzuhalten ist,
  • Keine Taxifahrer im Dialysezentrum, keine Besucher, minimaler Lieferverkehr etc., Reinigungspersonal nur in den Räumen, wenn keine Patienten anwesend sind.

Auf Seiten des Personals:

  • Fiebermessen tgl. bereits zu Hause vor Schichtbeginn, keine Arbeitsaufnahme bei T >37,5°C,
  • Sofortige Meldung bei Vorgesetzten, wenn Expositions- oder Erkrankungsverdacht besteht,
  • Verwendung von Mund-Nase-Schutz bei Arbeit am Patienten,
  • Abstand zu Kollegen stets >1,5m oder Nutzung Mund-Nase-Schutz,
  • Händehygiene stärken, kein Händedruck
  • Prüfen, ob Schichtkohortierung (ein Team versorgt nur eine Dialyseschicht) möglich ist.

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